Die große Klein-Familie

Festrede von Hanns Nothhelfer zum Betriebsfest 1962 in Mainz

Mit 17 Bussen wurde die rund 800 Gäste zur Betriebsfeier nach Mainz gefahren.
Mit 17 Bussen wurde die rund 800 Gäste zur Betriebsfeier nach Mainz gefahren.
Die große Feier in Mainz 1962 wurde in einem Zelt für 3000 Personen gefeiert.
Ein großes Festzelt im Stile des Münchner Oktoberfestes wurde in Mainz aufgebaut, um die über 800 Firmenangehörigen und Gäste zu bewirten.
Hanns Nothhelfer ging durch die Reihen und vergewisserte sich, dass sich seine Gäste gut amüsierten.
Hanns Nothhelfer ging durch die Reihen und vergewisserte sich, dass sich seine Gäste gut amüsierten.

Die Rede, die Hanns Nothhelfer beim Betriebsfest 1962 hielt, zeigt exemplarisch, welche Grundwerte die Firmenkultur des Malerbetriebs durch die Jahrzehnte prägten. Unternehmerische Verantwortung für die Mitarbeiter und ihre wirtschaftliche Existenz gingen Hand in Hand mit einer hohen Leistungserwartung und Unternehmenstreue. Die Firma war im ursprünglichen römischen Sinn eine "Familia".   

Meine lieben Mitarbeiter! Sehr verehrte Gäste!

Ich begrüße Sie aufs Herzlichste und freue mich mit Ihnen, dass es trotz großer Schwierigkeiten gelungen ist, zu dieser Betriebsfeier zusammen zu kommen. Ich begrüße es auch besonders, dass hierdurch Gelegenheit geboten ist, unseren ausländischen Mitarbeitern einige schöne Stunden, fern von ihrer Heimat, zu bereiten. Es ist bestimmt keine Angeberei, dass wir mit 17 Omnibussen nach dem schönen Mainz gefahren sind, um hier in einem Festzelt für 3000 Personen zu feiern! Wir wären viel lieber in Darmstadt, in der Stadt, in welcher wir arbeiten und unser Geld verdienen, geblieben. Aber es gab dort keine Möglichkeit, ca. 800 Personen unterzubringen und zu verpflegen. Unsere Familie ist eben so groß geworden!

Ein Fest ohne Frauen? Indiskutabel

Dieses Fest aber zu feiern, ohne die Frauen meiner Mitarbeiter daran teilnehmen zu lassen, wäre für mich vollkommen indiskutabel gewesen! Denn, was ist schon so ein Herrenabend? Eine nüchterne Sache, welche nur mit einem schweren Kopf, ohne jede bleibende schöne Erinnerung endet!

Es sind immer die Frauen, welche jedes Fest verschönern und ihm einen würdigen Rahmen geben!

Deshalb sage ich Ihnen, meine Frauen, meinen herzlichen Dank, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind. Sie sind, und das muss ich immer wieder betonen, eine wertvolle Stütze meines Betriebes! Sie bereiten dem Mann nach seiner Arbeit ein gemütliches Heim und sind bemüht, alles zu tun, damit er am nächsten Morgen ausgeruht und gut gelaunt wieder an der Arbeitsstätte erscheint! Aus diesem Grunde bin ich als Oberhaupt dieser großen Familie sehr daran interessiert, dass bei jedem Einzelnen Ordnung, Glück und Zufriedenheit in der Familie herrscht.

Sauber und schön

Jeder Tag fordert von uns den ganzen Einsatz der Person! Viel leichter meistern wir diese Aufgaben, wenn wir mit frohem Herzen und innerer Zufriedenheit unser Tagewerk beginnen und am Abend mit einem gewissen Stolz sagen können: „Heute bin ich wieder ein schönes Stück vorwärts gekommen! Heute habe ich eine wirklich schöne und saubere Arbeit gemacht!“

Glauben Sie mir, meine Freunde, dies allein können und müssen die Gedanken eines wertvollen Handwerkers sein, vom Lehrling bis zum Meister! Das sind auch die Gedanken, welche in den Grundsätzen meines seit 88 Jahren bestehenden Familienbetriebes verankert sind! Diese Einstellung ist das Fundament für unsere Entwicklung und Größe! Es ist der Markstein der Firma Wilhelm Klein:

Wenn wir etwas machen, dann sauber und schön!

Das gilt bei der Arbeit, in der Familie, aber auch beim Feiern!

Ehrung von Herrn Neuroth für 50 Jahre Firmentreue. Feier im Weinmichl 1986.
25 Jahre später feierte Karl Neuroth sein 50jähriges Dienstjubiläum bei der Firma Klein.

Große Firmentreue

Ich habe auch unsere alten Mitarbeiter eingeladen, denn auch sie sollen sehen, dass ich ihre Leistungen und ihre Treue nicht vergessen habe! Ich freue mich, dass sie meinem Rufe gefolgt und noch so rüstig sind, dieses Fest mitzumachen.

Nachdem wir bei unserer letzten Feier eine ganze Reihe von Arbeitsjubilaren auszeichnen konnten, sind es diesmal wiederum zwei, welche 25 Jahre unserer Arbeitsgemeinschaft angehören. Es ist dies unser Karl Neuroth und Wilhelm Kegel! Mein lieber Herr Neuroth, Sie haben nicht nur 25 Jahre bei mir gearbeitet, nein, Sie haben mehr als Ihre Pflicht getan, durch Ihr Können, Ihren Fleiß und Ihre Umsicht gehören Sie mit zu den Stützen meines Betriebes. Dies möchte ich hier besonders herausstellen und Ihnen dafür danken. Auch Herr Kegel, welcher leider durch Krankheit ans Haus gefesselt ist, gehört zu den immer einsatzbereiten, fleißigen Mitarbeitern, und wenn ich hier besonders hervorheben kann, dass er als Kraftfahrer täglich unterwegs ist, alle Aufträge gewissenhaft erledigt, unfallfrei fährt und die ihm anvertrauten Fahrzeuge stets in Ordnung hält, dann ist dies wohl für ihn die schönste Anerkennung, welche ich aussprechen kann.

Verantwortung für 450 Familien

Wenn auch verlockende und marktschreierische Angebote an das Ohr meines Mitarbeiters klingen, so weiß doch der überlegende Mann, dass es das Beste ist, wenn er diesem Betrieb die Treue hält, denn einen besseren und krisenfesteren Arbeitsplatz kann ihm nicht geboten werden. Diese Treue ist aber auch für die Geschäftsleitung eine Verpflichtung, alles mit Umsicht und Weitblick zu planen, in dem Bewusstsein, dass sie für ca. 450 Mann und deren Familien eine sorgende Verantwortung hat.

Bei diesen Betrachtungen möchte ich aber nicht versäumen, meinen jungen Mitarbeitern zu sagen, dass ich auch auf ihre Leistungen stolz bin! Eine große Anzahl hat mir den Beweis geliefert, dass das Handwerk mit diesen jungen Kräften beruhigt in die Zukunft schauen kann. Die letzte Gesellenprüfung hat durch die Auszeichnung meiner Lehrlinge mir dies ebenfalls bestätigt. Ich habe an sie, meine jungen Freunde, nur eine Bitte: Arbeiten Sie weiter an sich, um Ihre Leistungen und Ihr fachliches Können zu steigern und zu vervollkommnen. Sie haben so viele gute Beispiele in unserem Betrieb. Wenden Sie den Blick dahin und eifern Sie ihnen nach. Sie dienen damit nur sich selbst, denn als gute Kraft werden Sie auch in anderen Zeiten der gesuchte Mann sein!

Heute keine Überstunden

Zum Schluss, meine Lieben, soll ich Ihnen noch Grüße bestellen von unserer Senior-Chefin, Frau Luise Klein. Sie ist, Gott sei dank, wohlauf und gesund! „Mit meinen 87 Jahren“, so sagt sie, „ist so ein Ausflug von 14 bis 24 Uhr kein Vergnügen, sondern eine Strapaz. Kannst du denn deinen Leuten dies zumuten, sie so lange in Anspruch zu nehmen?“ Es gelang mir erst im Verein mit dem Betriebsratsvorsitzenden, sie zu beruhigen, indem wir ihr versicherten, die Leute wollen ausnahmsweise für heute auf die Bezahlung von Überstunden verzichten! Sie wünscht Ihnen allen recht viel Vergnügen! Und dies, meine Lieben, tue ich auch, indem ich Ihnen unseren alten Wahlspruch zurufe:

Tages Arbeit – abends Gäste Saure Wochen – frohe Feste.

Dies sei auch heute unser Losungswort!