Der Firmengründer

WILHELM KLEIN (1846-1933)

Wilhelm Klein Porträt (1910)

Der Erfolg hat immer mehrere Väter. Einer davon ist, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Als Wilhelm Klein 1872 nach Darmstadt zog, war die Residenzstadt auf dem Sprung in die Moderne. Der Winzersohn aus dem pfälzischen Edenkoben war 27 Jahre alt und hatte sich diesen Schritt gut überlegt. Landau oder Mainz wiesen zu diesem Zeitpunkt nicht die Dynamik auf, die in der Hauptstadt des Großherzogtums Hessen herrschte. 

„Boomtown“ Darmstadt

Gerade waren die Beschränkungen durch die Zunftordnung aufgehoben worden, so dass sich auch ein Ortsfremder mit seinem Geschäft in Darmstadt niederlassen konnte. In der Erbacher Straße 12, am Rande der Altstadt, dort, wo die kleinen Leute wohnten, eröffnete Wilhelm Klein sein erstes Geschäft als Dekorationsmaler. Er musste nicht lange auf Aufträge warten, denn die Stadt und ihre Wirtschaft florierten. Die Firma Merck war bereits zu  einem großen Chemieunternehmen aufgestiegen und die Maschinenbauindustrie schickte sich an, nachzuziehen. Der Ausbau des Eisenbahnnetzes verband Darmstadt nun mit dem Odenwald und dem Taunus und verschaffte der Residenzstadt einen Vorsprung gegenüber Mainz, deren Anbindung noch große Lücken aufwies. Mit der Bahn kamen Waren und Menschen in die Stadt, Menschen, die Unterkünfte brauchten. Die Garnison wurde ausgeweitet und errichtete neue Kasernengebäude und Offizierswohnungen. Die Erschließung des Johannes- und des Martinsviertels hatte bereits 1871 begonnen, und im Süden wurden nun die Lücken zwischen der Altstadt und Bessungen durch neue Villen und Bürgerhäuser geschlossen.

Malergesellen (1920)
Stolz haben sich die Malergesellen der Firma Klein nach der Restaurierung einer Kirche zum Foto aufgestellt. Das Bild wurde wahrscheinlich Anfang der 1910er Jahre aufgenommen, aber das Bewusstsein für handwerkliche Qualität hatte Wilhelm Klein seinen Arbeitern von Anfang an vermittelt.

Ein Mann mit hohen Ansprüchen

Wilhelm Klein konnte sich in dieser Aufbruchsstimmung beweisen. Als Gewerbelehrer hatte er eine höhere Bildung genossen. Er kannte sich in der Kunstgeschichte aus und hatte geübte Umgangsformen. Architekten, Beamte, Industrielle und großbürgerliche Privatkunden schätzten seinen Sachverstand und ließen sich von ihm beraten. Wilhelm Klein wurde bekannt für die Qualität seiner Arbeiten und die pünktliche Ausführung. Er hatte den Anspruch, dass seine Gesellen, Lehrlinge und Arbeiter die besten Arbeitsergebnisse lieferten. So investierte er in ihre Ausbildung und bot ihnen dafür auch bei schwächerer Auftragslage eine sichere Arbeitsstelle. Damit wurde der Grundstein für das besondere Verständnis von Treue gelegt, das die Firma Wilhelm Klein mit ihren Mitarbeitern verbinden sollte.

Der Firmensitz entsteht

1891 stand das Malergeschäft auf soliden finanziellen Füßen und Wilhelm Klein konnte daran gehen, einen Firmensitz zu errichten. Er kaufte das Geschäftshaus in der Elisabethenstraße 68 und baute es für seine Wohn-und Betriebszwecke um. Wie viele andere, die vom Bauboom profitierten, investierte er in Immobilien. Innerhalb von zwölf Jahren erwarb er die angrenzenden Grundstücke bis zur Landgraf-Philipps-Anlage und zur Hügelstraße 87, weitere Grundstücke in der Wendelstadtstraße und der Heidelberger Straße sowie verschiedene Äcker. Für ihn und seine Frau Eva ging damit ein Wunsch in Erfüllung: Sich einen festen Heimatgrund zu schaffen. Wilhelm Klein konnte nun auf seinem Betriebsgelände selbst Putz erzeugen, Zementwaren produzieren und Holzgerüste lagern. Am Firmensitz in der Elisabethenstraße gab es Platz für Pferdeställe und später für Garagen, für eine Schreinerei, eine Schlosserei und eine Kalklöschanlage. Die Firma Klein war nun ausgerüstet für das Arbeiten „im großen Stile“.

Neuer Geschäftszweig: Stuck

Mit der Entscheidung, seinen ältesten Sohn Philipp zum Stuckateur auszubilden und ihn 1891 an die Bildhauerschule zu schicken, setzte Wilhelm Klein eine wichtige Weiche für die weitere Entwicklung des Betriebes. Innerhalb weniger Jahre sollte die Firma Klein zum bedeutendsten Putz- und Stuckunternehmen Hessens aufsteigen. Das fundierte Know-how auf diesem Gebiet sicherte Aufträge vom großherzoglichen Hof und von zahlreichen Kirchengemeinden. Mit der Ernennung zum „Großherzoglich hessischen Hofweißbinder und Hofstuckateur“ 1904 erreichte Wilhelm Klein den Höhepunkt seines Arbeitslebens. Als er sich 1919 aus dem aktiven Geschäft zurückzog, hatten seine Söhne den Betrieb mit Elan und Weitblick ein großes Stück voran gebracht. Er überließ ihnen einen deutschlandweit agierenden Großbetrieb mit annähernd 400 Mitarbeitern.