1. Mai 1936: Die Belegschaft der Firma Klein versammelt sich im Hof.

1. Mai
Die beiden Eigentümer der Firma Klein und ihre Belegschaft unterm Hakenkreuz: Philipp Klein, zweite Reihe, 5. von rechts. Heinrich Klein, zweite Reihe, 4. von links.

1. Mai 1936

Am 1. Mai 1936 stellte sich die Kernbelegschaft der Firma Wilhelm Klein im Hof der Elisabethenstraße 68 auf, um den von den Nationalsozialisten eingeführten Arbeiter-Feiertag zu begehen. Seit 1933, als die NSDAP die freien Gewerkschaften zerschlagen und zur Gleichschaltung gezwungen hatte, wurde an jedem ersten Mai die Einheit zwischen Arbeiterschaft und Partei mit Hakenkreuzfahnen zelebriert. Die Nazis nutzten diesen Tag für ihre politische Propaganda und zwangen Gewerkschaften und Arbeiterverbände, die Belegschaften von Großbetrieben und die Bevölkerung zu öffentlichen Kundgebungen. Die Häuser mussten mit Hakenkreuzfahnen geflaggt werden.

Freimaurer und Demokrat

Philipp Klein war Freimaurer und Mitglied einer örtlichen Loge, in der Toleranz und Gedankenfreiheit herrschte. Sie war gleich 1933 nach Hitlers Machtergreifung geschlossen worden. Für die Nationalsozialisten waren die Freimaurer Teil der "jüdischen Weltverschwörung" und eine Geheimgesellschaft, die die staatliche Sicherheit gefährdete. Es war Parteimitgliedern absolut verboten, einer Freimaurer-Loge anzugehören. Philipp Klein distanzierte sich nicht von seinem Freimaurertum und galt deshalb als anrüchig. Dennoch wollte er seine Existenz unter den neuen Machthabern nicht gefährden. So ließ er den Mai-Feiertrag als Demonstration der Regimetreue auf dem Kleinschen Firmengelände begehen. Mit diesem Foto konnte er seine Solidarität bekunden und - vielleicht - die Teilnahme seiner Firma an den offiziellen Kundgebungen am Luisenplatz umgehen.

An seiner demokratischen Gesinnung hielt Philipp Klein weiter fest. Er gehörte zu den Förderern der sozialdemokratischen Politik und hatte deren Zentralorgan, den „Hessischen Volksboten“, mit einem Darlehen von 20.000 Reichsmark unterstützt. Als in der Pogromnacht, am 9. November 1938, marodierende SA-Leute auch durch Darmstadt zogen, um jüdische Geschäfte und Häuser zu verwüsten, ließ Philipp Klein einige starke Männer seiner Baukolonne antreten und vor seinen Häusern in der Elisabethenstraße Wache schieben. Unter seinen Mietern waren jüdische Familien, die er auf diesen Weise vor Übergriffen schützte.